Ehemalige Florika-Teilnehmerinnen berichten über ihre persönlichen Erfolge durch die erhaltene Unterstützung.
Foto: © J. v. KrauseViele der jungen Frauen, die nach Deutschland in der Zwangsprostitution gelangen, stammen aus Bulgarien. Ihre Familien leben dort in bitterer Not, gehören häufig der Roma-Minderheit an. Die jungen Frauen haben vor Ort keine Perspektive: kaum ein Mädchen macht einen Schulabschluss, geschweige denn eine Berufsausbildung.
Das Projekt FLORIKA will mit gezielter Bildungs- und Präventionsarbeit erreichen, dass diese benachteiligten Mädchen eine Chance für ein besseres Leben erhalten.
Pädagogische Förderung
FLORIKA fördert benachteiligte Mädchen aus einem armen Roma-Viertel in der bulgarischen Stadt Burgas. Die Mädchen sind zwischen 9 und 14 Jahren alt. In der Tagesstätte des Projekts erhalten sie Näh- und Kochunterricht, die Pädagoginnen basteln und spielen mit ihnen und geben gezielt individuelle pädagogische Förderung. Sehr beliebt sind die Tanzkurse. Zuhause erfahren die Roma- Mädchen keinerlei Unterstützung. Es nehmen ca 30 Mädchen an den Programmen teil.
Pädagogische Ziele sind die Verbesserung von praktischen und sozialen Kompetenzen, sowie die Stärkung des Selbstbewusstseins. Bestehende Entwicklungsdefizite der Mädchen sollen aufgeholt und eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes erreicht werden.
Unterstützung bei der Schulbildung
Die Sozialpädagoginnen motivieren die Mädchen zu regelmäßigem Schulbesuch, sie kontrollieren ihre schulischen Leistungen und helfen den Mädchen bei den Hausaufgaben. Sie ermutigen die Mädchen eine Berufsausbildung zu beginnen. Aufgrund der gesellschaftlichen Diskriminierung ist der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert und den fertig ausgebildeten jungen Frauen wird bei der Arbeitssuche geholfen.
Aufklärung über Frauenhandel
Die teilnehmenden Mädchen und ihre Eltern erhalten gezielte Aufklärung darüber, was es bedeutet, als Opfer von Frauenhandel in die Zwangsprostitution zu gelangen. Die Mädchen werden informiert und sie gewinnen durch unsere Programme an Selbstvertrauen. Deshalb fallen nicht auf die falschen Versprechungen der Frauenhändler herein. Diese sind im Viertel tätig, es werden Mädchen und Frauen rekrutiert und diese Frauenhändler genießen aufgrund ihres Wohlstands Ansehen.
In diesem Projektteil wurde im Jahr 2022 eine Gruppe von 45 neu dazugekommenen Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren erreicht. Es wollen mehr Mädchen an den Programmen teilnehmen, als Plätze verfügbar sind. Die Mitarbeiterinnen wählen Mädchen aus besonders benachteiligten Familien, die gleichzeitig motiviert sind, dafür zu sorgen, dass die Mädchen regelmäßig am Schulunterricht teilnehmen und an den Angeboten der Roma-Union.
Diese neuen Mädchen und weitere siebzehn Mädchen aus dem vergangenen Schuljahr 2021-2022, insgesamt 62 Mädchen, haben an den Angeboten in dem Haus der Roma-Union teilgenommen. Die Gruppenangebote - Nachhilfe, Kochunterricht, Basteln, Nähunterricht, Tanz- und Bewegung - finden täglich vormittags und nachmittags mit einer Gruppenstärke von ca. 12 – 15 Mädchen statt. Die Gruppen sind offen, die Sozialpädagoginnen sind flexibel, sie passen die Themen und die Arbeitsmethoden jeweils auch an die Bedürfnisse, Kapazitäten und Wünsche der Mädchen an. Diesen wird vermittelt, dass es möglich ist, den Lebensunterhalt nicht durch Bettelei, Diebstahl, Gelegenheitsjobs oder Prostitution zu verdienen. Während der Aktivitäten, d.h. beim Kochen, Basteln, Spielen oder Spazierengehen sprechen die Pädagoginnen mit dem Mädchen über die Bedeutung einer Ausbildung, die Position der Frau in der Familie und der Gesellschaft, über die Möglichkeit ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Mitarbeitenden im Projekt fordern und fördern die Mädchen, und klären sie auch über das Phänomen Menschenhandel in allen seinen Formen auf.
Herausforderungen und Schwierigkeiten
Eine der größten Herausforderungen für die Pädagoginnen sind die unzureichenden Sprachkenntnisse der Mädchen in der bulgarischen Sprache. In der Familie wird nicht Bulgarisch gesprochen, sondern Romanes. Dadurch sind die Schülerinnen im Schulunterricht überfordert und bleiben zurück. Erschwerend kommt hinzu, dass die Eltern sie nicht unterstützen können. Die Mädchen haben zudem häufig Schwierigkeiten sich zu konzentrieren. Sie müssen erst durch Florika lernen, rechtzeitig in die Gruppe zu kommen und Termine pünktlich wahrzunehmen. Die prekären und schwierigen familiären Verhältnisse, die große Armut und die Unsicherheit sind für die Mädchen sehr belastend. Im Haus der Roma Union finden sie Verständnis, Hilfe, Unterstützung für die Hausaufgaben, Schulmaterialien, Essen. Durch die Mitarbeitenden im Projekt erfahren sie, dass es doch Wege gibt, um eine bessere Zukunft zu haben, einen Beruf zu erlernen, Arbeit zu finden.
Arbeit mit den Eltern
Doch die Pädagoginnen arbeiten auch mit den Eltern. Es wurden 118 Personen erreicht. So wurden mit den Eltern Gespräche geführt, um die Mädchen für das Projekt zu gewinnen. Das Team ist seit Jahren im Roma Viertel präsent, die Pädagoginnen werden geschätzt und respektiert. Die Mitarbeitenden müssen oft in Krisensituationen mit Lebensmitteln helfen, Formulare für Krankenversicherung, Kindergeld oder Leistungen ausfüllen. Das Projekt ist die einzige soziale Einrichtung im Roma Viertel.
Erfolge
Im Schuljahr 2021 - 2022 haben 20 Mädchen, die das Projekt besucht haben, Grundschulabschluss erreicht. Sechs Mädchen bilden sich weiter für Frisörinnen aus, sieben haben sich in eine Schule ohne Berufsbildung eingeschrieben. Keine Teilnehmerin des Projektes hat die Schule abgebrochen.
Im zweiten Programm des Projektes, Young Leaders - Schulung von Peer-Group Change-Agents sind vor allem ein Sozialpädagoge, Mitko Dokov und die Hebamme - Dimitrina Kaloyanova, beteiligt.
Zielsetzung des Programmes ist, Jugendliche beiderlei Geschlechtes zu den Problematiken von Kinderheirat, frühe Elternschaft und Frauenhandel zu sensibilisieren. Die Roma- Minderheit in der Region soll unterstützt werden, Familienplanung zu praktizieren und die frühen Schwangerschaften von Mädchen im Alter von 14,15 Jahren zu vermeiden. In einem Peer-to-Peer Ansatz sollen Jugendliche mit den Gleichaltrigen im Viertel über diese Themen aufklären. Als Change Agents sollen sie dazu befähigt werden im Viertel für Aufklärung und sozialen Wandel zu sorgen.
Aufbauarbeit und pädagogische Arbeit in den Jugendgruppen:
Dieses Programm fand im Jahr 2022 in einem neuen Ort außerhalb von Burgas statt, dem Dorf Aytos, das 50 Kilometer entfernt ist. Um die aufklärende Arbeit mit den Jugendlichen durführen zu können war die Genehmigung von der Seite des Bürgermeisters der Ortschaft notwendig. Es wurden Gespräche mit Ihm geführt. Die MitarbeiterInnen haben zunächst viel aufsuchende Arbeit geleistet und mit Eltern und Jugendlichen gesprochen, um über das Projekt zu informieren und Jugendliche als Change-Agents zu gewinnen. Herr Mitko Dokov hat auch vor Ort Unterstützung und Kooperationspartner gesucht, und eine gute Helferin gefunden, nämlich eine Mediatorin in Gesundheitswesen, die im Aytos bekannt ist. In ihrem Büro durften die Treffen mit den Jugendlichen stattfinden. Als eine Person, die aktiv mit der lokalen Community zusammenarbeitet, war ihre Unterstützung sehr wichtig bei der aufsuchenden Arbeit.
STOP dem Frauenhandel gGmbH kooperiert mit der Roma Union Burgas, einer sehr zuverlässigen Organisation vor Ort, die langjährige Erfahrung auf dem Feld der Gesundheitsprävention und –rehabilitation hat. Wir besuchen das Projekt regelmäßig.
Wir danken
Aufgrund der großen Armut fehlt es in den Familien am Nötigsten, selbst am Essen für die Kinder. Bei Florika erhalten die Mädchen eine warme Mahlzeit, die sie gemeinsam kochen.
STOP dem Frauenhandel
Stichwort: Florika
IBAN: DE 08 750 903 000 002 298 201
BIC: GENODEF1M05
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